Mittwoch, 24. Februar 2016

Hochsensibilität - ein wahrer Segen

Im August 2014 habe ich erkannt, dass ich hochsensibel bin, oder hochsensitiv, wie man auch sagt. Das war damals ein wahrer Aha-Moment. Plötzlich machte vieles Sinn, was ich vorher nicht so recht zuordnen konnte. Oft habe ich versucht, mich irgendwie anzupassen, mich nicht so anzustellen, nicht so empfindlich zu sein. Meist ohne Erfolg. Lange dachte ich, dass ich zu weich bin für die Welt, bis ich begriff, dass ich mehr und anders wahrnehme, als die meisten. (Was mir damals durch den Kopf ging, findest du hier!)

Hochsensibilität zeichnet sich im Allgemeinen dadurch aus, dass unsere 5 herkömmlichen Sinne - hören, sehen, fühlen, riechen, schmecken - extrem intensiv wahrnehmen, wie wenn alle Sinne mit einem fetten Verstärker versehen wären. Die Nervenzellen leiten die Reize um ein vielfaches stärker weiter, als für gewöhnlich. Hochsensible nehmen mehr wahr und anders wahr, als andere.

Von mir kann ich sagen, dass ich diese fünf Sinne so extrem ausgeprägt habe, dass ich sogar das ganz Feine wahrnehme, das Immaterielle, das Energetische. Ich spüre und sehe Geistwesen, Seelen, Engel. Weiß Dinge manchmal einfach, die ich gar nicht wissen kann. Wahrscheinlich kann man auch vom sechsten, siebten und achten Sinn sprechen. Hellhören, hellsehen, hellwissen. Aber wie das letztendlich heißt, ist mir ziemlich egal. Fakt ist, dass die Kanäle da sind und dass es wunderbar ist, sie zu nutzen. ;)

Allerdings gleicht kein hochsensibler Mensch dem anderen. Jeder tickt anders, jeder erlebt anders, nimmt anders wahr. Und ich glaube, dass jeder auf seine Art hochsensibel werden kann. Unsere Wahrnehmungskanäle sind wie Muskeln, die man trainieren kann.

Ein Fest der Sinne

Wenn jemand etwas sagt, höre ich zwischen den Zeilen auch das Unausgesprochene, höre weit mehr, als er mit den Worten preisgibt. Wenn Menschen sich unterhalten, kann ich mit schlafwandlerischer Sicherheit sagen, wann es ein Missverständnis gibt und wo dessen Ursprung ist. Wenn ich Musik höre, dann mit dem ganzen Körper. Ich höre nicht nur Töne, ich spüre sie, merke, welche Körperregionen sie anspricht, anfangen zu schwingen, welche Nervenzellen darauf reagieren, spüre, welcher Klang mir gut tut und wo.

Wenn ich jemanden sehe, sehe ich nicht nur das Äußere. Ich sehe seinen seelischen Zustand, sehe sein wahres Wesen, sehe, was er gerade fühlt. Wenn ich Dinge, Pflanzen oder Tiere sehe, dann fühle ich sie gleichzeitig, nehme deren Energie wahr, fühle die Schwingung. Ich sehe nicht nur mit meinen zwei äußeren Augen, sondern auch mit meinen inneren Augen, habe innere Bilder zu Situationen.
Ich kann sofort sagen, welche Farben mir gut tun, welche Bilder mich bereichern. Jeder äußere Eindruck, hinterlässt auch einen inneren Eindruck. Geschichten aus Büchern und Filmen hallen lange in mir nach, Gespräche hallen lange in mir nach. Wenn ich jemandem begegne, dann mit all meinen Sinnen, mit meinem Herzen, mit ganzer Seele.

Auch Gerüche, wie von Obst oder Gewürzen, Blumen oder anderem aus der Natur machen etwas mit mir. Ich rieche es nicht nur, auch hier fühle ich es gleichzeitig. Manches vitalisiert mich, anderes berührt mich oder tut mir einfach gut, löst etwas in mir aus.
Wenn ich etwas oder jemanden anfasse, dann nicht nur mit den Händen. Ich fasse ihn auch mit der Seele an, spüre die Energie, habe nicht nur eine körperliche Verbindung, sondern eine emotionale. Jeder einzelne Tag fühlt sich anders an, jeder Monat, jedes Jahr.

Zusammenfassend kann man sagen: Alles, was meine anderen Sinne wahrnehmen, fühle ich gleichzeitig.

Nun mag sich das anhören, wie wenn tausend Eindrücke gleichzeitig auf mich einprasseln und ich dem hilflos ausgeliefert bin. Aber so empfinde ich nicht. Ich kann steuern, in wie weit ich mich auf die Situationen einlasse, wie weit ich die Kanäle öffne. Ich entscheide ganz bewusst, in was ich mich regelrecht reinfallen lasse und wo ich lieber außen vor bleibe. Ich bin immer noch der Schöpfer meines Lebens. ;)

Ich lese und höre immer wieder, dass es für viele eine Last ist, hochsensibel zu sein. Für mich ist es eine wahre Freude, ein riesen Geschenk, eine einzige Spielwiese. Mir scheint meine Welt so viel größer, als für die meisten. Ich sehe mehr, höre mehr, fühle mehr, ein Ozean an Eindrücken und Erfahrungen, die wahre Fülle. Ich fühle mich durch all diese intensiven Wahrnehmungen so reich beschenkt! Mein Leben ist so bunt, die Vielfalt so unerschöpflich. Ich habe das Gefühl nicht nur dabei zu sein, sondern mittendrin. Durch all diese Antennen fühle ich mich mit allem verbunden, eins mit allem. Die Welt da draußen ist eine Erweiterung meiner selbst. Es ist wie wenn ich noch mehr Erfahrungen machen kann und danach lechzt meine Seele schließlich. Dafür bin ich hier. Das lässt mich wachsen und entwickeln.

Ich darf für mich sorgen

Die Hochsensibilität trägt einen enormen Teil dazu bei, dass ich gut für mich sorge, denn ich muss es. Tue ich es nicht, wirkt sich das sofort auf meinen körperlichen Zustand aus. Bin ich in Situationen, die mir nicht gut tun, rede mit Menschen, mit denen ich eigentlich gar nicht reden will, so schreitet sofort mein Körper ein. Mir wird schlecht, ich bekomme Bauchweh, oder alles in mir zieht sich zusammen. Ich kann gar nicht in unangenehmen Situationen bleiben, weil es mir sofort schlecht geht. Ich bin nicht in der Lage faule Kompromisse zu schließen, mein Körper lässt es nicht zu. Ich darf rigoros für mich sorgen, weil mir alles andere nicht gut tut.

Und damit mein Körper nicht erst eingreifen muss, sorge ich selbst für mich. Tue nur Dinge, die mir wirklich gut tun, treffe nur Menschen, deren Begegnung mich nährt, deren Energie gut für mich ist. Schaue mir nur Dinge an, die mich bereichern, die mich inspirieren, die mich berühren, lese nur Geschichten, die mich auf irgendeine Art nähren, schaue nur Filme, die ein gutes Gefühl hinterlassen, mich begeistern, mir neue Blickwinkel verschaffen, mich wachsen lassen.

Ich höre vehement auf mein Bauchgefühl. Mache Dinge oder lasse sie eben bleiben, "nur" weil ich ein entsprechendes Gefühl habe, auch wenn der Verstand nicht gleich greifen kann, was da los ist. Meine Antennen sind so fein, dass ich sehr gut und schnell sagen kann, was etwas für mich ist und was nicht. Also nutze ich diese  Antennen und entlaste somit meinen Körper, der sonst Rettungsdienst spielen muss. Damit erspare ich mir viel. 

Ich brauche in allem meinen eigenen Rhythmus - essen, schlafen, relaxen, arbeiten, erschaffen, kreativ sein - , brauche viel Schlaf, viel Zeit für mich alleine, um die Eindrücke zu verdauen, viel Ruhe und die Stille. Ich brauche viele Pausen, Zeit, um in die Dinge reinzuspüren, Zeit, um herauszufinden, was ich denn als nächstes möchte. Zeitdruck geht gar nicht, Dinge hoppla hopp mal nebenbei erledigen ist nichts für mich. Ich brauche Zeit und Muse. Entweder ich hab das, oder ich lass es gleich.

Ein klarer Sternenhimmel gibt mir mehr als jede Party. Ich rede lieber mit einem Menschen intensiv und über Gott und die Welt, als in einer großen Gruppe nur an der Oberfläche zu kratzen. Meine Klamotten müssen praktisch sein, nicht der neueste Schrei. Ich will mich wohlfühlen, mir und meinem Körper mit der Kleidung etwas Gutes tun. Meine Nahrung ist vorwiegend vollwertig. Ich esse nach Gefühl, lese aufmerksam Zutatenlisten von Nahrungsmitteln, achte darauf, was ich mir zuführe und das in jeglicher Hinsicht, denn unsere Nahrung besteht nicht nur aus Essen. ;)

Durch die Hochsensibilität hab ich so meine "Eigenarten", aber ich liebe sie und stehe voll und ganz zu ihnen, weil sie mich ausmachen und mein Leben bereichern.

Was schätzt du an deiner Hochsensibilität, an deiner feinen Wahrnehmung?

Herzensgrüße von mir
Anja


Foto: Anja Reiche